Fisch oder Oper?

Ja das ist die große Frage, die vielleicht etwas verwundert. Doch die Sache ist bekannt: Du kennst jemand der keinen Fisch mag - nicht, weil er nicht schmecken würde, abgesehen von einer entschuldbaren Fischeiweissallergie, sondern nur deshalb weil er Angst davor hat ihn nicht richtig zerlegen und essen zu können, da es ihm nie gezeigt wurde.
So ähnlich ist das bei manchen Ablehnungen was Opernbesuche angeht auch, hier geht es dann mehr um die Frage, was zieht man da an und wenn ich nicht die teueren Klamotten habe, komm ich auch so hinein? Also zunächst mal: Ganz egal, womit auch immer sich bekleidet wird, man kommt rein. Es sollte nur sauber sein und nicht streng riechen, (da solches vom Nachbarn auch erwartet wird) Und die, welche die Nase darüber rümpfen könnten, die lasse links liegen. Meist ist das von solchen Menschen nur eine Ahnungslosigkeit über das was sie glauben zu wissen oder vorgeben zu glauben was sie wissen. Damit meine ich, zu wissen um was es in einer Oper geht. Meist verwechseln sie Kadenz mit Dekadenz und Allegro mit Allergie.
Solange es Regisseure gibt die ihre Darsteller auch in Hippieoutfit bei einer Barockoper auf die Bühne bringen oder sich getrauen Heldentenöre im Frack und heraushängendem Schniedelwutz vor die Rampe zu stellen, braucht sich niemand darüber den Kopf zu zerbrechen, ob es für die Dame wirklich das kurze Schwarze oder das lange Rote oder für den Herrn Anzug mit Krawatte sein muss. Und man möge es mir glauben oder nicht: der Tenor mit dem Toilettenfehler und die grünhaarige Soprantussi singen und spielen genau so schön und perfekt und überzeugen und regen dazu noch die Phantasie an.
Es mag jeder so in eine Oper gehen, wie er sich für so einen besonderen Anlass, und das ist der Besuch einer Oper allemal, gerne kleiden möchte, auch um damit für sich und so er es auch möchte für Andere auszudrücken, dass es etwas Nichtalltägliches ist. Alltäglich ist Oper nur für die Sänger, die Orchestermusiker und den Dirigenten und die haben entweder ihre "alltägliche" Berufsbekleidung sprich, den Frack oder das Rollenkostüm an und unterscheiden sich darin in keiner Weise von anderen Menschen, die zweckmäßig ihre Berufsbekleidung anhaben, sei es der Blaumann für den Installateur oder die Tracht für Schwester Hildegard.

Wenn man durch die Art der Bekleidung den ausführenden Musikern, Sängern oder Musikern und dem Komponisten besondere Verehrung und Achtung zum Ausdruck bringen möchte, so sei das Jeder und Jedem unbenommen. Nur, die Orchestermusiker sitzen zu tief im Graben und haben keine Chance außer einen Blick auf die schief sitzende Flliege oder bei den Damen aufs falsche Collier werfen zu können. Die Sänger konzentrieren sich doch mehr auf Ihr Spiel und beim Verbeugen sind diese von den Scheinwerfern meist geblendet und die Zuschauer im Dunkeln des Raumes verborgen. Nur der Dirigent könnte etwas mehr von Dir sehen , aber auch nur wenn Du in der ersten Reihe sitzt und das vergisst er ganz schnell ,da er die Partitur der Götterdämmerung vor sich liegen hat.
Der Komponist, zu Lebzeiten oft eine arme Sau freut sich bestimmt, aber nur posthum, er ist schlichtweg meist schon tot.

Falls bei einer Uraufführung ein Herr neben Dir nervös auf den Fingernägeln kaut und während des Schlussapplauses sich durch die Reihen nach vorne zwängt, um mit einem süffisant leicht irritiertem Lächeln sich zu verbeugen, dann sitzt du neben einem, der vor zweihundert und mehr Jahren vielleicht Mozart, Beethoven oder Wagner geheissen hätte. In Bayreuth saßen 1975 zwei langhaarig gammelig gekleidete Provokateure in der ersten Reihe, die Frage was sie dort verloren hatten und woher sie das Geld wohl für die Karten gestohlen haben, klärte sich im darauf folgendem Jahr - es war der Regisseur Patrice Chereau und sein Bühnenbildner Richard Peduzzi. Sie inszenierten ein Jahr später den "Jahrhundertring" setzten neue Maßstäbe in der Opernregie und schrieben Opern-Theatergeschichte.
Also Vorsicht mit Urteilen egal ob nun vor oder danach!

Deshalb! Auch wenn Fisch noch immer nicht Deinen Geschmack trifft, die Oper ist meist genießbar und freut sich auf Deinen Besuch.
Guten Appetit!

Im Übrigen: Opernbesucher ist noch immer kein anerkannter Beruf.